Bericht zum Zombiewalk in Frankfurt

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Beginn

Es war still. Viel zu still. Die Art von Stille, die ein Vorbote von einem Grauen ist, das nicht nur unvorstellbar erscheint, sondern das Herz in einem kalten, klammen Griff hält und droht es nie wieder loszulassen.

Ich atmete langsam, leise, tief ein und lief weiter. Vor mir sah ich die Rolltreppe, die seit unbekannter Zeit nicht mehr lief. Es hatte sich bereits Moos gebildet. Dieses Bild stand symbolisch gut für das, was passiert war. Das Leben kam zum Stillstand.

Mit zitternden Knien und weit aufgerissenen Augen lief ich behutsam durch die Gänge in der B-Ebene. Der Bahnhof war noch nie so leer…leblos. Mit angehaltenem Atem lauschte ich nach verdächtigen Geräuschen. Es war nichts zu hören. Diese Stille machte mir fast mehr Angst als jedes Szenario, das ich mir im Kopf hätte ausmalen können. Stille war der Nährboden für jegliches Grauen, für das tiefste Schrecken und die ältesten menschlichen Ängste. Stille war die Manifestation von Allem was gegen den Menschen und das Leben arbeitet.  Ich fühlte mich plötzlich furchtbar verloren und musste eine Panik niederkämpfen. Sinnlos herumzurennen hätte nichts an der Situation geändert und sie womöglich noch verschlimmert. Ich atmete nochmals tief durch…und stockte. Es roch…süß. Nach verwesendem Fleisch. Stille.

In diesem Moment war ich mehr als froh über diese herrliche, eiskalte Stille. Sie bedeutete nicht nur Tod, sondern auch, dass nichts und niemand eine böse Überraschung hätte sein können. Nochmals tief durchatmend lief ich langsam die letzte Treppe bis zum Hauptbahnhof empor. Mein Blick war starr auf die Stufen gerichtet, ich fürchtete mich vor dem Anblick, der mich erwartete. Der stärker werdend Geruch nach Verwesung schürte meine Furcht noch weiter. Ich war mental alles andere als vorbereitet auf das, was mich erwarten würde, aber eine Wahl blieb mir trotz Allem nicht. Ich fragte mich, ob ich lang genug leben würde, um dem Wahnsinn zu verfallen. Vielleicht wäre es ein Segen.

Bedeckt mit kaltem Schweiß und klammen Fingern kam der untere Rand des Bodens immer näher. Ich erklomm die Stufen weiter und ein Bild der Zerstörung breitete sich vor mir aus. Ein Zug der nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte hatte den Bahnhof fast geteilt und war der größte Blickfang dieses Horrorszenarios. Blech, Fliesen und alles Mögliche an Unrat und Zugelementen lagen verstreut um das Wrack herum. Scheiben waren zerborsten und der Boden war übersät von Splittern und Glasteilen. Die Läden auf der linken Seite waren geplündert und überrannt worden. Es lagen Teile von menschlichen Überresten an zu vielen Stellen herum. Es war unmöglich zu sagen, wie viele hier gestorben waren. Es spielte auch keine Rolle mehr. Erneut musste ich eine drohende Panik bekämpfen und zwang mich dazu, Ruhe zu bewahren. Ich fühlte mich hilflos und Tränen der Wut und der Verzweiflung rannen mir heiß über die Wangen. Langsam weiterschlurfend ließ ich dieses furchtbare Bild hinter mir zurück und bewegte mich Richtung Haupteingang. Vorsichtig lief ich durch die große Halle und darauf bedacht, nicht auf irgendwas zu treten oder auf Blut und Gedärmen auszurutschen. Eine langsam aufkommende Übelkeit ließ meinen Magen zu einem festen Klumpen werden der begann zu schmerzen. An diesem Punkt konnte ich nicht mehr tief einatmen, da der Verwesungsgeruh so stark war, dass sogar normales Atmen fast nicht möglich war. Ich musste an die frische Luft, ich musste raus und zwar schnell. Meine Schritte beschleunigten sich fast ohne dass ich etwas dagegen hätte tun können. Eine drohende Ohnmacht  ließ mich fast nach draußen Stürmen und mich dort an die äußere Wand der Vorhalle stützen. Stoßatmend und mich leicht nach unten beugend betrachtete ich den blutverschmierten Boden. Meine Füße standen in etwas das ich nicht genauer untersuchen wollte. Das laute Klopfen meines Herzschlages hallte noch in meinen Ohren nach, als ich ein leises Geräusch vor mir hörte. Ich schenkte ihm zuerst keine Beachtung, doch etwas alarmierte mich plötzlich. Langsam, mit zitternden Händen und einer grausigen Vorahnung, hob ich den Kopf.

Ich hätte umdrehen und zurück rennen sollen, so weit und so schnell wie möglich. Doch meine Beine gehorchten mir nicht. Festgefroren vor schierer Angst blieb ich stehen und blickte aus panikgeweiteten Augen auf das Bild, dass sich vor mir erhob. Nun hörte ich auch die Geräusche. Schlurfen, Stöhnen und das Schmatzen. Ich war umzingelt.

Zombies.

Der Walk

Am 30.08.2014 war es in der schönsten Stadt der Welt mal wieder so weit. Der Zombiewalk! Seit 8 Jahren besteht er bei uns schon und es kommen Jahr zu Jahr mehr Anhänger.  Die Idee dazu ist schon älter, der erste Walk fand bereits vor einigen Jahren außerhalb von Deutschland statt und hat hier inzwischen aber auch eine große Fangemeinde. Jährlich treffen sich Zombies am Frankfurter Hauptbahnhof um gemeinsam eine Runde durch die Stadt zu schlurfen, begleitet von Polizei und Fotografen. Die Anhänger sind simpel mit Kunstblut übergossen bis hin zu detailreichen und kreativen Zombieverkleidungen und Maskenbildungen. Der Walk startet traditionsreich am Frankfurter Hauptbahnhof und führt die Kaiserstraße entlang in die Innenstadt, über die Ziel und nach einigen Schleifen, die sich je nach Route ändern, zur alten Oper. Darauf folgt das obligatorische Gruppenfoto und die Afterwalk Party im Final Destination Club in der Frankfurter Innenstadt.

Zur Kindertauglichkeit kann ich persönlich folgendes sagen: Es gibt Eltern, die ihre Kinder mit auf den Walk nehmen und die unglaublichen Spaß dabei haben. Die Kindern von Passanten reagieren gemischt, manche weinen ganz furchtbar, andere sind neugierig. Theoretisch ist der Walk für Kinder geeignet, allerdings nur wenn die Eltern auch ordentliche Aufklärarbeit leisten und ihren Kindern den Walk und das Verständnis dafür auch zutrauen.

Obwohl das Wetter etwas unschlüssig war ob es warm oder regnerisch sein sollte und kurz vor dem Walk ein Platzregen niederhämmerte, waren viele Teilnehmer vor Ort. Der Walk beginnt, es wird noch etwas Blut geteilt, Zombies fotografieren sich gegenseitig und werden sogar von Fotografen abgelichtet. Dann kommt der Aufbruch. Durch die B-Ebene schlendernd oder über die Straße und die Gleise der Straßenbahn geht es auf in die Kaiserstraße um Richtung Ziel zu schlurfen. Es sind wieder wunderbare Zombies unterwegs die offensichtlich weder Kosten noch Mühen für ihre Verkleidungen gescheut haben. Über von Raketen durchschossene Piloten, bis hin zu Zombie My little Ponys und der obligatorischen Braut und Umbrella Mitarbeitern war fast alles vertreten. Auffällig war, dass die Cosplayer seit letztem Jahr doch deutlich weniger geworden sind. In Frankfurt gilt die alte Schule, Cosplayer sind auf dem Walk nicht sehr gerne gesehen. Es geht schließlich um echte Zombies. 😉

Der Walk wird von hupenden und wütenden Autofahrern und neugierigen, verschreckten und vor allem handyzückenden Passanten beobachtet und kommentiert. Dieses Jahr war es recht ruhig, der Wak war entspannt, die Passanten sowie die Zombies zurückhaltender. Leider fehlten, zumindest meiner Beobachtung nach, einige Kämpfe zwischen Zombies und Umbrella. Viele Geschäfte putzen dafür ihre Scheiben mehrmals an diesem Abend, da es ordentliche Blutspuren darauf gab.

Die Teilnehmer waren sehr friedlich, man hat sich unterhalten, hat gelacht, böse und tot in die Kameras gestarrt und hin und wieder mal einen Beobachter fressen wollen. Leider sind die Meisten weggelaufen. Schade.

Die Afterparty im Kultclub Final Destination hat sich musikalisch wieder selber übertroffen. Der Club öffnet seine dunklen Pforten gerne für die Afterparty des Zombiewalks und füttert die Untoten an 2 Theken und 2 Floors mit guter, durchmischter, doch allen in allem dunkler Musik. Da fängt ein Zombieherz wieder an zu schlagen.

Fazit

Der Zombiewalk hat in Frankfurt inzwischen Tradition und findet bei Wind und Wetter statt. Die Teilnehmer sind friedlich, gut drauf und geben sich mit ihren Kostümen sehr viel Mühe. Die Passanten sind oft neugierig und spielen manchmal sogar mit, oft werden die Zombies gefilmt und fotografiert. Die Fotografen sind fleißig, die Polizisten, die uns die Straßen freihalten, sind sehr freundlich und oft sehr humorvoll. Die Stimmung ist gut, entspannt und man kommt mit allen sehr schnell ins Gespräch und kann sich wunderbar austauschen. Der Walk ist ein Erlebnis, da er jedes Jahr eine andere Note hat. Die Afterparty ist der krönende Abschluss.

Ich kann jedem Horrorfan und allen, die an Grusel und Verkleiden Spaß haben, den Walk nur empfehlen!

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