Comicvorstellung: Der König der Vagabunden vom avant-verlag

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© avant-verlag / Spät / Davies

Da meine Vorliebe für biografische Comics inzwischen über die Grenzen dieses Blogs hinaus bekannt ist, hat mich eine liebe Arbeitskollegin auf dieses Werk aus dem avant-verlag aufmerksam gemacht. Auch, wenn mir der Name Gregor Gog zunächst nichts sagte, fand ich die Thematik dennoch sehr interessant. An dieser Stelle nochmal lieben Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar.

Es ist die Zeit der Weimarer Republik. Gregor Gog zieht es schon in jungen Jahren hinaus in die Welt. Obwohl er für damalige Verhältnisse mit 19 Jahren schon zu alt für die zivile Schifffahrt ist, heuert er bei der Marine an, um zur See zu fahren und etwas von der Welt zu sehen. Als der Erste Weltkrieg beginnt, verweigert er den Befehl, da er nicht auf Menschen schießen will und wird unehrenhaft aus der Marine entlassen. Zusammen mit zwei Kameraden tingelt er durchs Land und gründet schließlich eine Kommune in Bad Urach, in der Nähe von Stuttgart. Als Verfechter der Anarchie zieht es ihn jedoch immer wieder fort und er wird bekannt als der König der Vagabunden. Durch die Gründung einer Bruderschaft für alle, die ein freies Leben bevorzugen oder aus der Not dort hineingeraten sind, stellt er sich gegen den Kapitalismus und später auch gegen die Nazis.

Im Nachwort des Comics erfährt man noch weitere Details zum Leben von Gregor Gog, die aber weitestgehend schon mit in die Geschichte eingeflossen sind, wenn auch weniger detailliert. Trotz weniger Quellen will Autor Patrick Spät jedoch ein recht exaktes Werk über den vergessenen Revolutionär abgeliefert haben, über den man im heutigen Geschichtsunterricht nichts erfährt. Schon damals, als ein soziales Netz noch kaum vorhanden war, hat er sich gegen Ausbeutung, Faschismus und Rassismus stark gemacht und sich gegen den Staat aufgelehnt. Gerade zur Zeit zwischen den großen Weltkriegen hat Gog sich für die Armen eingesetzt, die immer zahlreicher wurden und kaum vom staatlichen System aufgefangen wurden, das noch fern vom heutigen Sozialstaat war. Eine interessante Geschichte über einen Mann mit Idealen, auch wenn man seinen Lebenswandel als Vagabund vielleicht eher nicht gutheißen mag.

Beatrice Davis reduzierter Zeichenstil, der sich stärker auf die Figuren konzentriert als auf detaillierte Umgebungen und diese trotz schwarzweiß gehaltener Tuschezeichnungen immer hervorheben und in den Mittelpunkt des Geschehens stellen kann. Am Ende des interessanten Bandes finden sich noch ein paar Fotos der Protagonisten rund um Gregor Gog, die man sofort aus der Geschichte identifizieren kann.

Fazit

Keine aktuell gehypte oder gefeierte Figur, aber immerhin Geschichte. Falls man Gregor Gog wie ich vorher nicht kannte, ist seine Geschichte dennoch interessant zu lesen. Denn auch wenn man nicht voll hinter der Überzeugung der Hauptfigur stehen mag, so hat er zumindest die sozialen Probleme der damaligen Zeit erkannt und in Angriff genommen und dafür Anerkennung verdient. Sein Widerstand gegen das Naziregime ebenfalls. Gerade wenn man nicht viel über die Weimarer Republik weiß, die nach dem Krieg ein Armutsproblem hatte, was es letztendlich den Nazis ermöglicht hat, an die Macht zu kommen, dann hält diese Graphic Novel noch die ein oder andere Überraschung bereit, denn teilweise fühlt man sich eher an Hippies und die späten 60er Jahre erinnert und das Leben als Vagabund wird teilweise sehr romantisiert. Allerdings gibt es dann auch die harten Einschnitte, wenn gezeigt wird, wie mit alten und kranken Obdachlosen umgegangen wird. Das 160 Seiten starke Hardcover ist für Geschichtsinteressierte in jedem Fall informativ und lesenswert, aufgrund des fehlenden Bekanntheitsgrades der Figur Gregor Gog aber sicherlich kein absolutes Must Have im Regal. Dennoch lohnt sich der Blick in die Seiten, denn sie gewährt auch einen Einblick in die Attitüde, die man Nazis entgegenbringen sollte, gerade zur heutigen Zeit wieder ein wichtiges Thema. Preislich liegt die Ausgabe bei durchaus für das Format üblichen 25 Euro, die gut angelegt sind.

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