Radius: Rebellion ist ein Science Fiction Comic aus deutschen Landen, der aktuell in aller Munde ist. Er stand schon länger auf meiner Kaufliste, aber nun habe ich ihn auch endlich im Comicshop meines Vertrauens gefunden.
Die Geschichte wirkt zunächst relativ einfach. Ein Raumschiff von der Erde ist auf einem Planeten notgelandet, der eine Besonderheit aufweist, denn sein Kern liegt frei. Das heißt, der Planet ist auseinandergebrochen und die beiden Hälften werden nur durch das enorme Gravitationsfeld des Kerns zusammengehalten, der gleichzeitig auch noch eine wichtige Energiequelle ist. Ansonsten hat er erdähnliche Lebensbedingungen und die gestrandeten Raumfahrer siedeln sich dort an. Aus ihnen entwickelt sich eine hochtechnologisierte, aber gespaltene Gesellschaft aus den Nova, dem adligen Part, der sich als Nachfahren der Raumfahrer und überlegene Rasse betrachtet, sowie den Avon, der niederen Arbeiterklasse, unterdrückt und ausgebeutet. Durch einen Virus, der die Avon eigentlich auslöschen sollte, können sich viele Überlebende mit Technologie verbinden und die so entstandenen Cyberwesen, stellen eine neue und große Gefahr für die Nova da. Um ihnen entgegentreten zu können, gibt es eine Spezialeinheit, die Hellhounds, die den Terror bekämpfen sollen.
Newcomerin Katrin Gal, bekannt als Radacs, die den Comic bereits vor ein paar Jahren in Eigenregie veröffentlicht hatte und Radius dann nochmal für den Splitter Verlag grafisch vollständig überarbeitet hat, zeichnet eine düstere Zukunft voller Rassismus, Technologie und eine nicht ganz typische Rebellion, wie man es aus anderen Filmen, Büchern oder Serien kennt, allen voran Star Wars, in dem es nur Gut gegen Böse gibt. Was nämlich zunächst nach einer klaren Geschichte klingt, die böse Herrenrasse gegen die armen unterdrückten Rebellen, ist gar nicht so klar, wie man meinen möchte. Auf beiden Seiten gibt es gute Leute und ruchlose Mörder. In dieser Beziehung lässt der erste Band allerdings auch noch einige Fragen offen und Motivationen der Akteure liegen noch im Dunkel und werden hoffentlich in den weiteren Teilen aufgeklärt. Einen klaren Sympathieträger konnte ich für mich noch nicht so deutlich ausmachen, auch wenn ich vermute, dass dieser aus den Reihen der Hellhounds kommen wird, da es dort zwar auch die typischen Soldaten und Befehlsausführer gibt, jedoch auch am ehesten jemanden, der bereit ist nachzudenken und das infrage zu stellen, was von ihm verlangt wird. Das wird aber erst der weitere Verlauf der Geschichte zeigen.
Die Zeichnungen wirken klar, kühl und düster und Radacs erzeugt damit eine düstere, futuristische Stimmung, die irgendwo zwischen klassischer Sci-Fi und Cyberpunk liegt. Figuren und die technische Umwelt wirken teilweise sehr clean, was aber auch daran liegen kann, dass die Geschichte des ersten Bandes auf der Nova Seite des Planeten spielt. Für die kommenden Bände würde ich mir durchaus etwas mehr Schmuddel wünschen, aber das tut der Story keinen Abbruch. Beim Charakterdesign fühlte ich mich an der ein oder anderen Stelle an die hageren, androgynen Figuren aus der alten MTV Zeichentrickserie Aeon Flux erinnert, die Anfang der 90er auf dem ehemaligen Musiksender zu sehen war. Allerdings wirken diese in Radius weniger verzerrt. Alles in Allem jedoch ein Stil, der den internationalen Vergleich keinesfalls scheuen muss.
Band 2 mit dem Untertitel „Revelation“ ist bereits in Arbeit und wird im März 2020 ebenfalls im Splitter Verlag erscheinen. Wer nicht warten mag, kann versuchen, die von Katrin Gal selbst veröffentlichte Version zu erhaschen, sollte aber bedenken, dass auch dieser Teil grafisch für die Neuauflage überarbeitet wird.
Fazit
Radius: Rebellion lässt sich sehr flott und flüssig lesen und nimmt nach der Einleitung auch durchaus Fahrt auf und macht Tempo. Die aufgeworfenen Fragen und bisher unterschlagenen Informationen sorgen dafür, dass man dringend wissen möchte, wie es weitergeht. Die Ereignisse gegen Ende des ersten Bandes lassen jedenfalls auf eine interessante Weiterentwicklung hoffen. Stilistisch lässt Radius keinen Zweifel daran, dass es sich um lupenreine Science Fiction handelt. Und wenn man gemerkt hat, dass Avon die rückwärts geschriebene Version von Nova ist, kann nicht mehr viel schiefgehen. Der aktuelle Hype ist jedenfalls nicht unberechtigt und ich bin schon sehr auf den nächsten Teil gespannt. Es bleibt zu hoffen, dass wir auch darüber hinaus noch mehr von Katrin Gal alias Radacs zu sehen bekommen.