Cross Cult hat es genau richtig gemacht. Zur Veröffentlichung der Umbrella Academy Serie auf Netflix haben sie die ursprünglich bei Dark Horse erschienenen und bei Cross Cult zum ersten Mal 2009 und 2010 aufgelegten Comics neu veröffentlicht, auf denen die Serie basiert. Erschienen sind bisher Band 1 – Weltuntergangssuite und Band 2 – Dallas. Band 3 – Hotel Oblivion, den es nun in der ersten Auflage geben wird, erscheint im September.
Umbrella Academy handelt von einer Gruppe junger Leute mit besonderen Kräften, die von einem verschrobenen Millionär adoptiert und zu einer Art Superheldengruppe ausgebildet wurden. Als Kinder durchaus erfolgreich, sind die jungen Erwachsenen nun kaputt und zerstritten und treffen nur wieder aufeinander, da der Ziehvater verstorben ist. Im ersten Band, der Weltuntergangssuite, muss sich die Familie genau aus diesem Grund zusammenraufen und den Weltuntergang verhindern. In Band zwei wird es dann nochmal deutlich abgefahrener und der Mord an John F. Kennedy, den die alte Version des Zeitreisenden, Nummer 5, vereitelt hat, wieder in die richtige Bahn zu lenken.
Die Story der ersten beiden Bände entspricht damit grob der Serie, auch wenn sie an einigen Stellen knackiger ist und die Charaktere durchaus deutlicher gezeichnet sind und weniger Entwicklung durchmachen als in der Netflix Umsetzung. Klaus‚ Fähigkeiten zeigen sich dort zum Beispiel erst wesentlich später in der Ausprägung, die er bereits im Comic von Anfang an hat. Auch behandelte die erste Staffel der Realverfilmung die Inhalte der ersten beiden Bände mehr oder weniger parallel. Hazel und Cha-Cha tauchen z.B. in Band Eins noch gar nicht auf und spielen auch keine so große Rolle. Teile des zweiten Bandes tauchen in der Serie bisher gar nicht auf oder werden nur kurz angerissen. Da allerdings schon eine zweite Staffel angekündigt ist, wird man sich vermutlich dort mit den bisher fehlenden Teilen der Geschichte beschäftigen.
Dass man für eine mehrteilige Serie einige Dinge weiter ausschmücken und strecken muss, ist verständlich, Gender Swap gehört inzwischen ebenfalls fast zum guten Ton und fällt hier auch nicht weiter ins Gewicht, aber einige Änderungen hätten nicht unbedingt sein müssen. Der Comic ist in seiner Gesamtheit nämlich noch wesentlich abgefahrener als die Netflix Umsetzung. Luther, Nummer 1, steckt z.B. in einem Gorilla-Roboter-Konstrukt und wurde nicht genetisch verändert und Pogo ist nicht der einzige Affe in den Comics. Vermenschlichte Chimpansen, die sprechen können, scheinen eher zum Stadtbild zu gehören und sind keine reine Hargreeves Erfindung. Insgesamt wurde die Handlung etwas mehr in die reale Welt verfrachtet mit weniger futuristischen Elementen.
Autor Gerard Way kennen vielleicht einige eher als Musiker und ehemaligen Frontmann der Emo-Band My Chemical Romance und waren überrascht zu erfahren, dass er inzwischen auch erfolgreich Comicbücher verfasst. Unter anderem wirkte er auch an Doom Patrol mit, zu der uns auch eine Serie erwartet und die schon in Titans vorgestellt wurde. Für die Zeichnungen ist der Brasilianer Gabriel Bá verantwortlich, der einen kantigen, reduzierten Stil hat, der mich stellenweise an Mike Mignola erinnert, den er durchaus auch zu seinen Einflüssen zählt. Auffällig ist der reduzierte Farbumfang, der zur Unterstreichung der einzelnen Abschnitte genutzt wird. Während in vielen Abschnitten ein dunkleres Grau/Blau vorherrscht, stechen zum Beispiel beim hitzigen Kampf auf der Kirmes Gelb und Orange hervor und dominieren ganze Seiten. Das Spiel mit den Farben hebt die jeweilige Situation noch stärker hervor.
Fazit
Die Comics sind wie die Serie wirklich fesselnd, allerdings auf eine andere Art. Sie sind noch wesentlich abgefahrener und verrückter, verzichten hier und da aber auf Erklärungen, um die Story knackig zu halten und sind deshalb flüssig und kurzweilig zu lesen. Während die Netflix Produktion stärker das Zwischenmenschliche beleuchtet und auch verschiedene, in meinen Augen überflüssige Romanzen einfügt, konzentrieren sich Way und Bá auf das Geschehen und machen nicht viel Aufhebens um das Drumherum. Damit gewinnen die Comics schneller an Momentum. Dennoch ist beides auf seine Art gut und ich möchte auch keine der beiden Umbrella Academy Versionen als schlechter betiteln, da mich beide wirklich gut unterhalten haben. Die Comics sind dabei nur in allen belangen reduzierter und knackiger, was aber vielleicht auch das Medium mit sich bringt. In jedem Fall zeigen die das Duo hier eine düstere, kaputte Version von Superhelden. Anders als The Boys, aber trotzdem sticht auch diese Geschichte erfrischend aus dem Einheitsbrei hervor.